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Bagnoreggio - eine mittelalterliche Welt

Von aptera

Nach Bagnoreggio müsst ihr unbedingt fahren, wenn ihr am Lago die Bolsena zeltet, versicherten uns Bekannte. Wir folgten dem Ratschlag nicht nur einmal sondern mehrmals. Bagnoreggio – Bagnoregio! Mal findet man es in der Literatur mit due, mal mit uno "g" geschrieben. Auf dem Ortseingangsschild stehen zwei "gg" und daran halte ich mich.

Wer in Bagnoreggio ankommt, der ist noch nicht in Bagnoreggio - jedenfalls nicht in "dem" Bagnoreggio, das wie eine Dornröschen-Vision auf dem Berg thront. Erst geht es in der unteren "modernen" Stadt aufwärts, immer der Nase nach, dann verweist - Aufpassen! – ein unscheinbares Schild auf eine Abbiegung scharf rechts und von da ab geht es abwärts. Nicht unsicher werden: die Strasse führt zum Ziel, nämlich direkt zum großen Parkplatz unter der Brücke, die nach der "civita" hinüber- und hinaufführt (Parkscheine sind oberhalb des Parkplatzes im „ristorante“ zu erwerben).

Die Brücke ist modern - leider – denn die alte war vom Zahn der Zeit benagt und drohte einzustürzen. Es führt kein anderer Weg nach oben, der Berg steht inmitten einer tief liegenden Landschaft vulkanischer Hügel. Man sollte nicht unbedingt während der heißen Mittagsstunden den Aufstieg in Angriff nehmen: auf 350 Metern "brückauf" gibt es keinen Schatten. Erst im Durchgang des Stadttores wird man gut "durch-ventiliert". Daher sind die breiten Steinbänke unter dem Stadttor immer besetzt.

Der Besucher wird für den anstrengenden Aufstieg reichlich belohnt: eine mittelalterliche Welt breitet sich vor seinen Augen aus. Und das ist die Geschichte der "civita di Bagnoreggio":

Auf der Spitze eines Tuffsteinfelsens klammert sich eine Art Burganlage fest. Wie lange schon? Mindestens seit die Etrusker das Bild Mittelitaliens prägten. Prominentester Sohn der alten Civita ist der Hl. Bonaventura (1218 – 1274). Die Fassade des Palazzo, in dem er geboren wurde, ist noch erhalten.

Das Leben im alten Bagnoreggio war nicht sonderlich bequem. Der "feindsichere" Standort verurteilte zugleich zur Abgeschiedenheit. Vielleicht zogen die Einwohner der Stadt, als die Zeiten ruhiger wurden, aus diesem Grund hinüber aufs "Festland" und gründeten im Lauf der Jahrhunderte eine neue Civita! Das "leer gewohnte" Bagnoreggio verfiel, der Berg bröckelte ohnehin seit eh und je. Erst Ende des jüngst vergangenen Jahrhunderts entdeckten Naturschwärmer das baufällige Nest auf dem Berg für sich, nahmen es in Besitz und sorgten für dessen Wiederbelebung.

Heute ist Bagnoreggio Wohn- oder Ferienaufenthalt von Künstlern. Der Denkmalschutz ist in Bezug auf Restaurierung sicherlich nicht unbeteiligt geblieben. Ein paar ältere Leute wohnen auch ständig dort. Hoch und respektgebietend erhebt sich der Campanile. In der Kirche aus dem 8. Jahrhundert finden regelmäßig Konzerte statt.

Für die wenigen ruinösen Gebäude hofft man geradezu, dass sie für den malerischen Gesamteindruck im gegenwärtigen Zustand verbleiben! Vor allen Dingen aber lebt das Städtchen durch die Touristen. Hochzeitspaare versäumen nicht, sich in und vor der malerischen Kulisse fotografieren zu lassen.

Nur den Eseln sagt offensichtlich die neue Brücke nicht zu! Bei einem unserer Besuche wurde gerade einer mit viel Zureden und geringem Erfolg an den neuen Weg gewöhnt. Sobald es entscheidend aufwärts ging, drehte er entschlossen um. Aber in Italien hat man alle Zeit der Welt!

Wer sich bis zum Sonnenuntergang in Bagnoreggio aufhält, kommt in den einmaligen Genuss des Licht- und Schattenspiels, das untergehende Sonne und Hügellandschaft miteinander inszenieren. Für romantische Naturen empfiehlt sich auch ein Gang in tiefer Dämmerung durch die Gassen - mit ein wenig Eselsmist auf dem Kopfsteinpflaster wäre die Illusion von Mittelalter vollkommen!

Geschrieben 23.09.2003, Geändert 23.09.2003, 2666 x gelesen.

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