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Die Mumien von Ferentillo

Von aptera

In der Nähe von Terni liegt Ferentillo: malerisch eingebettet in die Bergwelt der Vallnerina und Ziel der Touristen aus aller Welt.

Ferentillo wartet mit einer Besonderheit auf. In der Kirche San Stefano (15. Jahrhundert), genauer gesagt in der Krypta der Kirche, sind Mumien ausgestellt. Die gläsernen Vitrinen sind oben offen, die Krypta ist kühl, Licht fällt durch zwei tief liegende Fenster auf der Berghangseite. Es weht ständig ein leichter Luftzug.

Worin besteht das Geheimnis der dauerhaften Konservierung der Toten? Dieser Luftstrom und ein spezieller Pilz haben die Verwesung verhindert. Ohne das Zusammenwirken von Luft und Mikroorganismen würden die Mumien in kürzester Zeit zerfallen. Also verbleiben sie dort, wo sie einstmals beerdigt wurden, in der Krypta von Ferentillo. Die Mumifizierung geschah schnell, deshalb sind Kopfhaar und Bartreste zu erkennen; vor allen Dingen aber ist die Kleidung gut erhalten.

Und noch eine Besonderheit: Man weiß, wer die Mumien sind. Es waren Einwohner des mittelalterlichen Precetto (heute ein Stadtteil von Ferentillo) - ehrenwerte und nichtswürdige; "Touristen" aus China, Soldaten Napoleons. Jede Mumie hat ihre eigene Geschichte, tragisch bis abenteuerlich.

In einer Vitrine steht der Küster der mittelalterlichen Kirche San Stefano, der vom Turm fiel, als er sich zu weit über die Brüstung lehnte, um nach einem Mädchen Ausschau zu halten. Er teilt sich das Domizil mit dem Mordgesellen, der ein Jahrhundert später in der Dunkelheit von seinem Kumpan versehentlich statt des Notars erstochen wurde. Erst der zweite Stich traf den Richtigen! Auch der ermordete Notar ruht in der Krypta, allerdings in seinem ungeöffneten Holzsarg. Im heutigen Ferentillo leben noch Nachkommen der Familie. Den Mörder des Notars ereilte die strafende Gerechtigkeit: der Rest des Strickes liegt noch um seinen Hals.

Tragisch ist das Schicksal des jungen chinesischen Paares, das sich auf der Hochzeitsreise befand und in Ferentillo an der Pest starb. Ebenso erging es einer jungen schwangeren Chinesin und ihrem Mann. Das Neugeborene liegt neben seiner Mutter, ein anrührendes Bild.

Ich erinnere mich nicht an alle Geschichten, ich habe mir auch nur zwei Fotos erlaubt. Um die Wahrheit zu sagen: ich betrachtete die Toten mit schlechtem Gewissen. Wenn man nicht mal nach dem Tod seine Ruhe hat (gilt auch für die Mordgesellen). Über der Totenruhe des Notars wacht jedenfalls noch "la famiglia". Recht hat sie!

Meine Enkelin Felicitas (9 Jahre) sah das offensichtlich anders. Sie fragte ihre Mutter interessiert: Was muss ich machen, dass ich auch so eine Mumie werden kann?!

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Ferentillo - Kunst, Leistungen, Veranstaltungen

Geschrieben 24.09.2003, Geändert 24.09.2003, 3076 x gelesen.

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