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Mamma mia - Kochkurs in Umbrien

Von rogaia

Die Sonne steht schon tief über den Hügeln gen Westen, die Katze macht es sich unter dem Rosmarinstrauch vor der Küchentüre gemütlich, es ist ganz still. Unsere kleine Gruppe – zehn Kochbegeisterte aus Deutschland, Österreich und den USA - wartet gespannt in der Küche mit dem großen offenen Kamin auf Maestra Ornella, die uns diese Woche in die Geheimnisse der umbrischen Küche einweihen soll.

Plötzlich Motorenlärm, der Kies knirscht, Bremsen quietschen. Ornella steigt aus. Olala! Einige üppige Pfunde auf Stöckelschuhen und ein großes Willkommenslachen im Gesicht. „Sono l’Ornella.“ und wie sie das sagt, könnte sie ebenso gut auch sagen: „Ich bin ich.“ Jeder wird erst mal umarmt, ein herzliches „Ciao!“ und Küsschen auf Wange rechts, Küsschen auf Wange links. Dann macht sie den Kofferraum auf und fängt an auszuladen: obenauf ein großer Korb voll Eier, die sie gerade vom Bauernhof geholt hat; Salat, an dem noch die schwere umbrische Erde hängt; zwei Steigen voller Steinpilze und, in weiches Papier eingewickelt, – feine Nasen haben es sofort erkannt – Trüffel. Dann noch zwei Fasane, natürlich mitsamt Federn. Außerdem Mehl, Milch und Zucker, und ganz unten zwei riesige Kürbisse, so schwer, dass selbst unsere „starken Männer“ Mühe haben sie herauszuhieven.

Jetzt geht es los: Nochmals eine kurze Vorstellungsrunde; Ornella versucht unsere fremdländischen Namen nachzusprechen. Wobei sie uns gleich verkündet, dass ihr sicher für jeden noch ein passender Spitzname einfallen werde, den sie sich dann besser merken könne. Anschließend wird eine der wichtigsten Aufgaben für die Woche verteilt – das Amt des Kellermeisters. Der Auserwählte wird gleich losgeschickt, den Begrüßungs-Prosecco zu entkorken und den Rotwein für das Abendessen zu öffnen.

Das Programm für die erste Kochlektion: Steinpilz-Risotto mit schwarzem Trüffel, ein Teller mit Norcia-Schinken, Wildschwein-Salami, Lardo di colonnata (in Marmorbehältern gereifter weißer Bauchspeck) und Pecorino (Schafskäse). Zum Abschluss überbackene, mit Pinienkernen und Mandeln gefüllte Pfirsiche. Alle gucken erstaunt: „Und das sollen wir alles essen?“ Ornella meint dazu nur mit schmunzelnder Empörung: „ Ma perchè siete qui? - Ja wozu seid ihr denn hier?“ Zum Kochen. „Und wer kocht, der muss doch auch essen, oder?“

Also an die Arbeit! Jeder bekommt noch eine der großen weißen Schürzen, die Ornella extra für ihre Schüler genäht hat. Dann heißt es Pilze putzen - aber bitte schön vorsichtig, und ja nicht mit Wasser, damit sie noch schön nach Wald schmecken - Salat waschen, Zwiebeln schneiden und anbraten, Mandeln und Pinienkerne anrösten. Jeder bekommt eine Arbeit in die Hand gedrückt, nur zugucken ist nicht erlaubt. Ornella saust mit ihren Stöckelschuhen durch die Küche, zeigt kleine Handgriffe, schmeckt ab. Als nach knapp einer Stunde die ersten Vorbereitungen abgeschlossen sind, klatscht sie in die Hände und ruft: „Avete fame? - Habt Ihr Hunger?“ Angesichts der vielen Köstlichkeiten verspürt der eine oder die andere durchaus etwas Appetit und Ornella verkündet: „ Pausa e stuzzicchino! - Pause und Imbiss!“. Schließlich müssten wir uns doch erst mal für die noch anstehenden Arbeiten stärken. Sie verquirlt ein paar Eier und dann gibt es für jeden eine kleine und schlichte Köstlichkeit: Rührei mit frisch gehobeltem weißem Trüffel und geröstetes Weißbrot.

Der Kellermeister wird noch schnell nach einer Flasche kellerkühlem Grecchetto von den Hängen des Lago Trasimeno geschickt, und beschwingt werden dann auch noch die weiteren Gerichte zubereitet. Die gerösteten Pinienkerne und Mandeln werden in Zucker karamellisiert und in die ausgehöhlten Pfirsiche gefüllt. „Soviel Zucker!“ stöhnt eine Teilnehmerin. „Ach was“, wischt Ornella lachend die Bedenken weg: „La vita è dolce. - Das Leben ist süß.“

Um acht Uhr ist dann alles fertig und wir fangen an zu schlemmen. Das cremige Risotto mit schwarzem Trüffel ist ein Gedicht, der hauchdünn geschnittene Lardo di colonnata zergeht auf der Zunge. Bei den Pfirsichen kapitulieren die ersten: „Und morgen müssen wir wieder so viel essen?“ - „Ma certo!“ und mit einem Augenzwinkern fragt Ornella wieder: „Oder wozu seid ihr hergekommen?“ Aber da wissen wir die Antwort natürlich schon und fallen satt und zufrieden in unsere Betten.

Am nächsten Nachmittag wollen einige ganz Eifrige gerne wissen, wo denn diese leckeren Pilze wachsen. „Avanti!“ sagt Ornella, „Kommt mit!“, und zeigt auf das Eichenwäldchen hinter dem Haus. Mit Blick auf ihr Schuhwerk – die üblichen Pumps, heute in Türkis – meinen wir, der Ausflug könne ja so weit nicht werden. Aber Ornella zieht ein Paar große schwarze Gummistiefel aus den Tiefen ihres Kofferraums und stapft los, so schnell, dass wir kaum hinterherkommen. Bald sind wir alle mitten im dichtesten Gestrüpp. Ornella stochert zielsicher im Laub herum und findet bald ein paar schöne Braunkappen und Steinpilze. Die Hälfte des Trupps hat schon aufgegeben und ist zum Haus zurückgeschlendert. Lieber den Sonnenuntergang von der Terrasse aus genießen.

Heute gibt es natürlich zuerst einmal Pilze, diesmal ein Pilz-Carpaccio mit wildem Rucola, den Ornella schnell noch von den Wiesen gepflückt hat. Und dann soll ja noch ein Kaninchen mit Kräutern gefüllt, zugenäht und gebraten werden für das Abendessen. Zwei Damen haben die Küche bereits verlassen, aus Mitleid mit dem armen Tier. Umbrische Landküche ist dann doch eher nichts für Zartbesaitete. Und auch nicht unbedingt für Vegetarier – trotz der nahrhaften Hülsenfrüchte wie Castelluccio-Linsen und Kichererbsen, die eine umbrische Spezialität sind und bei vielen Wintergerichten verwendet werden. Für das Zunähen des Kaninchenbauches werden schließlich die beiden „dottori“ auserwählt, zwei kochbegeisterte Ärzte aus Nürnberg. Ornella amüsiert sich köstlich über den Fachstreit der beiden Spezialisten, wie denn eine korrekte Hautnaht anzulegen sei. Schließlich schnappt sich Wilma aus Hannover die Nadel und näht das Tierchen mit jahrzehntelanger Hausfrauen-Routine zu.

Geschmeckt hat das Kaninchen „del buon ricordo“ (zur guten Erinnerung) schließlich doch allen, und es gibt sogar freiwillige Meldungen für das Rupfen der Fasane für übermorgen. Ornella hat inzwischen gut beobachtet und für uns alle – wie bereits angekündigt - Spitznamen gefunden: Georg, der gerne am Käse nascht, heißt „Topolino“. Ornella versucht sich auch an der deutschen Übersetzung von topolino (Mäuschen), das deutsche „ch“ ist ihrem Gaumen aber nicht zu entlocken und daher nennt sie ihn „Maus“. Die zurückhaltende ältere Dame aus Flensburg, die Pfeffer liebt, heißt jetzt „Pepe“ und Ornella wünscht ihr - ein bisschen respektlos, aber liebevoll – auch vor und nach dem Essen etwas mehr „Pfeffer“. Albert aus Wien, der immer seine Nase in die Kochtöpfe steckt, wird „Pinocchio“ getauft und bekommt von Ornella gleich noch eine Kochmütze geschenkt, damit er seine wallende Haarmähne nicht mehr über unseren Töpfen ausschütteln kann.

Zum Pastamachen am nächsten Tag rückt Ornella mit ihrer Tante Zia Beppa an. Weil wir „naturalmente“ noch nicht so geübt sind im hauchdünnen Ausrollen des Teigs, hat sie Verstärkung mitgebracht, damit wir ja genügend Nudeln zum Essen haben und jeder auch noch selbstgemachte Pasta mit nach Hause nehmen kann. Da stehen dann die beiden Matronen mit hochgekrempelten Ärmeln am großen Holztisch und zeigen, wie man Mehl mit 40 (!) Eiern zu einem geschmeidigen Teig verarbeitet, walkt und ausrollt.

Damit es aber noch flotter geht, kommt etwas später auch noch Franco, Ornellas Mann, und der hat eine „macchinetta“ mitgebracht: eine kleine altertümliche motorgetriebene Teigwalze, zu deren Bedienung es allerdings eines „tecnico“, also ihres Mannes, bedarf. Das Maschinchen knattert und walzt, Franco steht stolz daneben mit den dünnen Teigstreifen in den Händen und scherzt mit den Damen. Bis es plötzlich nicht mehr knattert und Franco lachend und fluchend zur Handkurbel greift. Ornella sieht sich in ihrer Überzeugung bestätigt, dass Küchenmaschinen sowieso überflüssig sind und die Qualität der guten Zutaten verderben. Und schließlich, meint sie, hat man ja einen Mann zuhause, der kann ja Eiweiß von Hand steif schlagen, oder? So geht es eben im Handbetrieb weiter, bis die ganze Küche voller Teigstreifen hängt und Unmengen von Lasagneblättern gekocht sind für die Canneloni con spinaci e ricotta, die es heute geben soll.

Und wenn nicht gekocht oder gegessen wird? Bis 5 Uhr abends haben wir „wirklich Urlaub“. Für lange Spaziergänge rund um La Rogaia oder am Lago Trasimeno, natürlich nicht ohne den Cappuccino an der Strandpromenade. Oder noch mehr schlemmen, zum Beispiel bei Eurochocolate in Perugia, der größten internationalen Schokoladenmesse, die alljährlich im Herbst stattfindet. Die Versuchung ist groß, bei 100%-Kakao-Pralinen mit Trüffel- und Chili-Geschmack, den Peruginer „Baci“ (Küsschen) oder gar einer Schokoladen-Massage. Und wer für die bei Ornella angefutterten Pfunde Buße leisten will, der kann ja immer noch zur Einsiedelei des heiligen Franziskus in Assisi wandern.

Am Abschiedsabend verleiht Ornella ihre Koch-Diplome. Extra chic hat sie sich für diesen Abend gemacht, war sogar beim Friseur, der ihre üppigen grauen Haare wie einen Spaghettiberg auf ihrem Kopf aufgetürmt hat. Alle haben natürlich mit „summa cum laude“ bestanden, viele leckere Sachen kochen gelernt, nicht gerade haute cuisine, aber richtig gute, bodenständig umbrische „cucina casalinga“. Und dabei waren nicht nur aufwändige Sachen, sondern auch leichte schnelle Gerichte für den Alltag. Unsere drei Amerikanerinnen haben ein Büchlein mitgebracht, eine Einführung in italienische Gestik für Ausländer. Anhand der Fotos versuchen wir die Gesten nachzumachen – und Ornella soll raten, was gemeint ist. Leider stimmt es fast nie und Ornella schüttelt sich vor Lachen. Angesichts einer von Helen unschuldig vorgebrachten Geste fällt sie fast vom Stuhl. Susanna, unsere sonst nie um die richtigen Worte verlegene Übersetzerin, wird ein bisschen rot, lacht dann auch und lässt uns nur wissen, dass sie es uns nicht empfehlen würde, diese Geste woanders auszuprobieren ...

Der Abschied von Ornella ist laut und herzlich. Nach einer Woche sind wir ein bisschen wie eine Familie geworden. Dreimal hupt sie noch und ist dann hinter dem Hügel verschwunden. Mamma mia, Ornella!

Hier noch das Rezept für Ornellas Pilz-Risotto:Risotto ai funghi e tartufo (Ornellas Risotto mit Steinpilzen und Trüffel)Für 4 Personen

300 gr Arborio-Reis, 60 gr Butter, 1 kleingehackte Zwiebel, ½ Glas trockener Weißwein, ca 1 ½ l Brühe, 100 gr geriebener Parmesan, Salz, Pfeffer, 300 gr frische Waldpilze, etwas geriebene Zwiebel, etwas schwarzer Trüffel (je nach Saison und Verfügbarkeit frisch oder als Trüffelpaste)

Pilze säubern und kleinschneiden. In einem ausreichend großen Topf Zwiebeln mit etwas Pfeffer in Butter anbraten. Den Wein hinzufügen und zur Hälfte einkochen lassen. Den Reis hinzufügen und unter Rühren etwas andünsten. Kochende Brühe zugießen, bis der Reis bedeckt ist. Immer wieder Brühe nachgießen soviel der Reis aufnimmt. Die Reiskörner sollen noch al dente sein.Inzwischen in einem zweiten Topf die geriebene Zwiebel in Öl andünsten, Pilze, Salz und Pfeffer hinzufügen, garen. Den schwarzen Trüffel sehr fein schneiden und in einer kleinen Pfanne in etwas Butter ganz leicht andünsten.

Wenn der Reis al dente gekocht ist, die Pilze unter das Risotto heben, etwas Butter und geriebenen Parmesan unterrühren. Zum Schluß den schwarzen Trüffel (oder die fertige Trüffelpaste) hinzufügen und das Risotto sofort servieren. Das Risotto darf nach dem Garen nicht länger stehen, da es sonst zu weich und klebrig wird! Buon appetito!

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Agriturismo Villa La Rogaia

Geschrieben 05.02.2006, Geändert 05.02.2006, 930 x gelesen.

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