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Brescia - Italien in einer Stadt

Von mosaik

Brescia, die 200.000 Einwohner zählende Hauptstadt der gleichnamigen Provinz, empfing mich in den modernen Außenbezirken mit prachtvollen Blumenarrangements bei den Kreisverkehren. Je näher ich der Altstadt kam, desto älter wurden die Gebäude, bis mich mein Taxi in einer verwinkelten Altstadtstraße aussteigen ließ. Er käme heute nicht zum Hotel, das an der „Piazza Paolo VI.“ inmitten der Altstadt liegt, weil heute eine Veranstaltung die Zufahrt unmöglich mache. Doch ich gehe gerne durch alte italienische Städte und so ging ich die paar Meter zu Fuß zum drei Sterne „Albergo Orologio“ (Internet: www.albergoorologio.it/). Wer einen Aufenthalt in Brescia plant, ist in diesem Haus gerade richtig. Zuvorkommendes Personal, gutes Frühstück, 16 gut ausgestattete Zimmer inklusive Klimaanlage und absolut zentrale Lage - alles, was man für einen Stadtaufenthalt braucht. Koffer aufs Zimmer und los ging meine Besichtigungstour mitten im Herzen der ehemaligen Langobardenstadt Brescia.

Brescia, Brescia? Habe ich da nicht..? Ja – richtig! Die „Mille Miglia“! Dieses 1.000-Meilen-Rennen (oder 1.600 km) nahm 1927 hier in Brescia seinen Anfang, als vier Geschäftsleute ein Ideen hatten: von Brescia durch die Emilia Romagna, die Marken und Umbrien nach Rom und zurück durch die Toskana ein Automobilrennen zu veranstalten. Nach einem jähen Ende des Rennens 1957, hervorgerufen durch einen schrecklichen Rennunfall, fand es 1977 eine Neuauflage als Oldtimer-Gleichmäßigkeitsrenn en. Etwa 360 Automobile nehmen seither alljährlich daran teil. Doppelt so viele aber bewerben sich um einen Startplatz. Es werden jedoch nur Fahrzeuge zugelassen, die zwischen 1927 und 1957 auch tatsächlich an diesem Rennen teilgenommen hatten.

Aber Brescia ist mehr als nur Start- und Ziel eines der legendärsten Automobilrennen Europas. Freilich, weltbewegende, atemberaubende Monumente kann die Stadt nicht bieten. Dafür viel ursprüngliches Italien. Die „Piazza della Loggia“ mit dem venezianischen „Palazzo della Loggia“ bietet Blicke auf den Uhrturm mit einer astronomischen Uhr, auf den blumenbewachsenen kleineren Turm der Porta Bruciata, einst Stadttor nach Mailand, und in das abendliche „fare una passegiata“-Leben, das abendliche Flanieren der Italiener, das sie doch so sehr lieben. Etwas südlich dieses Platzes befindet sich die „Piazza Vittoria“, wo jedes Jahr die „Mille Miglia“ beginnt, östlich davon die schon erwähnte „Piazza Paolo VI.“ mit der romanischen Rundbau-Basilika Santa Maria Maggiore aus dem 11. Jahrhundert, der ersten Kathedrale der Stadt, sowie dem barocken Dom, 1604 begonnen und dem „Palazzo del Broletto“, dem im 12. Jahrhundert errichteten Sitz der Stadtverwaltung. Schlendert man durch die romantischen Gassen nach Osten, kommt man zunächst an der katholischen Universität, der Kirche San Clemente (Ende 14. Jahrhundert) und dem römischen Forum vorbei, bis man schließlich beim Klosterkomplex von Santa Giulia anlangt.
Die Stadt Brescia hat sich 2010 zusammen mit den Städten Benevento (Kampanien), Spoleto, Campello sul Clitunno (beide Umbrien), Monte Sant‘Angelo (Apulien), Cividale del Friuli (Friaul Julisch Venezien) und Castelseprio (Lombardei) als UNESCO-Weltkulturerbe beworben. Und zwar mit dem gemeinsamen Thema: die Zeit der Langobarden. Dies erzählt Armando Pederzoli vom Tourismusbüro Brescia bei einem Cappuccino. Brescia lag ja im Zentrum der Herrschaft dieses nordeuropäischen Volkes, das in Italien von Mitte des 6. bis etwa Ende des 8. Jahrhunderts n. Chr. herrschte. Die zwischen Mailand und Verona, zwischen Iseo- und Gardasee gelegene Stadt eröffnete 1998 den Museumskomplex im ehemaligen Benediktinerinnenkloster Santa Giulia. Damit begann auch die zarte Pflanze des Städtetourismus zu erblühen, wie Herr Pederzoli erläuterte. Besonders stolz ist die Stadt auf eine Reihe von Ausstellungen, die in Santa Giulia seither stattgefunden und noch stattfinden werden. Von Dezember 2009 bis Ende Juni 2010 gab in einem Teil des weitläufigen Museumsgeländes eine interessante Ausstellung über die Inka in Südamerika. Diese technisch perfekt gestaltete Ausstellung konnte mich aber nicht so faszinieren, wie die eigentlichen Ausstellungsräume über die Geschichte des Klosters und der Stadt. Eine selten zu sehende Art der Kreuzigung einer Frau, der Hl. Julia, drei römischen Villen, die bereits über eine Art der Zentralheizung verfügten, und dann vor allem der komplett mit Fresken verzierte Betsaal der Benediktinerinnen über der Kirche San Salvatore ließen mich zwei Mal durch die Hallen gehen.

Ich verabschiede mich von Herrn Pederzoli, der sich, wie viele in dieser Stadt, auf seinen Drahtesel schwingt und im Gewirr der zur Fußgängerzone erklärten Gassen der Altstadt entschwindet. Apropos Altstadt. Da wäre zum Beispiel noch die alte Via Faustino, die sich in schlängelnder Form vom Zentrum nach Westen dem Zentrum entwindet; die Kirche San Francesco d’Assisi aus dem 13. Jahrhundert oder die alte Burg, die im Norden über der Altstadt thront. Auch Neuzeitliches bietet die Stadt. Da wäre das „Il Teatro Grande“ zu nennen, das eigentlich „Teatro Il Grande“ heißen hätte sollen. Um 1800 hätte es zu Ehren des Großen, il Grande, Napoléon I., der einen Umbau durch seine persönliche Anwesenheit einweihen hätte sollen, „Il Grande Teatro“ heißen sollen. Er kam aber nicht. Und aus Ärger darüber stellten die Bürger der Stadt das „il“ einfach an eine andere Stelle und so heißt das Theater nun nicht „Theater des Großen“, sondern „Das große Theater“. Warum in der Kaiserloge die Stühle Nr. 14 und 15 in der ersten Reihe standen und Nr. 1 und 2 ganz hinten, erzähle ich Euch in einer eigenen Geschichte über das Theater.

Bene, bei so viel Geschichte braucht es aber auch ein paar Tipps für Leib und Seele: Im „Ristorante al Fontanone“, zum großen Brunnen, nahe des Museumskomplexes Santa Giulia lässt sich hervorragend speisen oder aber auch im „Ristorante Lo Scultore“ (Internet: www.loscultore.it); beides kleine, überschaubare Lokale mit ausgezeichneter Küche. Wer an einem lauen Abend lieber im Freien speisen möchte, dem kann ich die „Pizzeria al Teatro“ (Internet www.pizzeriaalteatrobrescia.com/) empfehlen, die gegenüber des Lokales einen netten Terrassengarten hat. Das „Pane Arabo“, arabisches Fladenbrot, gefüllt mit verschiedenen Gemüsen oder Fleisch, hatte es mir dabei besonders angetan.
Bevor ich diese liebenswerte Ecke Italiens für dieses Mal wieder verließ, lauschte ich noch im „Il Teatro Grande“ einem Konzert des „Dohnányi Orchestra Budafok“ unter Leitung des Dirigentens Umberto Benedetti Michelangeli, dem Enkel des großen Sohns Brescia, dem Starpianisten Arturo Benedetti Michelangeli (* 1920, † 1995). Dabei begeisterte mich die Symphonie Nr. 6 „Pastorale“ von Ludwig van Beethoven. In Brescia findet übrigens jedes Jahr ein internationales Klavierfestival statt (Internet www.festivalpianistico.it).

Geschrieben 16.09.2010, Geändert 16.09.2010, 1506 x gelesen.

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